„Das Auto ist nicht perfekt, es ist übermotorisiert und rabiat!“
Viggen ist schwedisch und heißt „Reiherente“. Das ist ein eher ungewöhnlicher Name für ein leistungsstarkes Topmodell. Die Erklärung lieferte Saab mit den offiziellen Pressebildern gleich mit: sie zeigten den Über-9-3 immer Seite an Seite mit der Saab Ja37, dem legendären schwedischen Kampfjet. Zwar hatten Saab Cars und Saab seit der Übernahme der Autosparte durch GM nur noch den Namen gemein, die Werbung jedoch griff die „aeronautic heritage“ gerne auf.
Ulf sah seine Reiherente 1999 als kleines Bild in der AMS. Sofort war ihm klar: „Das ist mein Auto!“ Dafür gab er sogar schweren Herzens seine beiden aufgeladenen Saab 900 in Zahlung, darunter auch ein Cabrio.
Als Viggen trug der 9-3 ein wüstes Plastikkleid und schlichte, aber auffällige Farben.
Innen wartete er mit farbig akzentuierten Ledersportsitzen auf, in deren Lehne unübersehbar das dreieckige Viggen-Logo prangt.
Der gravierendste Unterschied lauerte jedoch unter der Haube: hier wartete der 2,3-Liter Turbo aus dem 9-5 aero darauf, über die völlig überforderte Vorderachse herzufallen.
350 putzmuntere Drehmomente lassen der unglücklichen McPherson-Konstruktion dann keine Chance und verlangen eine feste Hand des Fahrers, dem es sonst das Lenkrad aus der Hand reißt. Torque steer nannte das die angelsächse Presse vornehm zurückhaltend. In Deutschland nannte man es unfahrbar.
„Und wenn die Straßen nass sind, fängt der Spaß erst richtig an. Ein Viggen ist eben ein Auto,
dass sich von der heutigen Einheitsmasse noch abhebt. Deshalb fahre ich ihn auch heute noch und sehe auch seitens Saab aktuell keine wirkliche Alternative.“
Wirklich? Seit einigen Tagen leistet ein klassischer 900 dem Viggen Gesellschaft. Der mag vielleicht das bessere Fahrwerk haben, den brutalen Dampfhammer des Viggen aber bietet er nicht.
Mit dem Ende des kalten Krieges musterte die Schwedische Luftwaffe ihre Viggen zügig aus, 2007 flog die kriegerische Ente in Linköping zum letzten Mal.
Ulfs Viggen wird wohl noch eine Weile im Dienst bleiben.
Tolles Auto, wirklich. Eine Frage zum Namen „Viggen“. In mehreren Online-Übersetzungen findet man nichts dazu, Du nennst es „Reiherente“, im betreffenden Wikipedia-Artikel zur JA 37 steht „Donnerschlag“…wie denn nun…? 😉
vigg, – en, -ar: zo. Reiherente f.
Unbestimmt also en vigg, bestimmt viggen. Langenscheidt ist auf meiner Seite. 🙂
Donnerschlag wäre åskslag oder åskknall.
Die Deutung viggen als Donnerschlag in der deutschen Presse- und Onlinelandschaft beruft sich meist auf einen Spiegel-Artikel, der sich wiederum auf ein Pressemädel bei Saab Deutschland beruft. Jetzt arbeiteten bei Saab Deutschland aber nicht ausschließlich Schwedisch-Muttersprachler… Und das Flugzeug ist im Export tatsächlich als „Thunderstrike“ angepriesen worden. Da hätte ich, wenn ich kein schwedisch könnte, an deren Stelle auch einfach das englische übersetzt. (Vergleiche Eurofighter: den versucht EADS für den Export auch als „Tyhoon“ zu vermarkten, obwohl den in D oder FRA niemand so nennt.)
Das war jedenfalls mein Kenntnisstand bis gestern. Habe jetzt noch einmal etwas weiter recherchiert und bin auf åskvigg, Donnerkeil gestoßen. Ob das Umgangssprachlich zu vigg verkürzt wird oder einfach ein kreativer Anknüpfungspunkt war bei der Suche nach einem eingängigen und martialischen Exportnahmen – dafür reichen sowohl mein schwedisch als auch meine Kenntnisse der Entscheidungsprozesse innerhalb Saabs bei weitem nicht aus. 😉
In Kurzform: Man weiß es nicht!
Danke für die tollen Erläuterungen, noch einen Absatz mehr und ich hätte mich genötigt gefühlt Geld zu spenden!! 😉 Reiherente ist weiterhin mein Favorit…