Saab Bilmuseum – Back to the Future

Früher war nicht alles besser. Früher war alles früher, um den großartigen Jochen Malmsheimer zu zitieren. Und genau wie das Wurstbrot gut geblieben wäre, wenn man die Finger davon gelassen hätte, so war auch die Zukunft schonmal in einem Zustand, den wir uns heute nostalgisch zurückwünschen.

Wenn Autobauer in die Zukunft schauen, dann bauen sie concept cars. Oft sind das nur hübsche Hüllen, bei Saab waren sie traditionell voll funktionsfähig. Und genauso traditionell werden sie leider nicht verwirklicht.

Reisen wir also rückwärts – 2007 und 2008 stellte Saab zwei Kleinwagen vor, die einen Vorgeschmack auf den (nie realisierten) 9-1 geben sollten. Betrachten wir hier den 08er 9-x BioHybrid:
1,4 Liter Direkteinspritzer, flexifueltauglich, also mit jedem beliebigen Mischungsverhältnis von e0 bis e85 fahrbar. Zusätzlich zum 200 PS starken Ottomotor gibt es GMs BAS-Hybridsystem. Es handelt sich also um einen Parallel- oder „mild“-Hybriden.
Hologrammtacho, sehr nettes Interieur (wobei ich bei hellen Armaturenbrettern immer Bedenken habe, daß sich die bei Nachtfahrt unangenehm in der Scheibe spiegeln). Statt Außenspiegeln gibt es Kameras; das verbessert die Aerodynamik deutlich. Nett, aber revolutionär?

 

Zwei Jahre zuvor, 2006, meldete Saab sich allerdings mit einem Paukenschlag in der Öffentlichen Wahrnehmung zurück: mit dem aero-x.

400PS aus einem 2,8-Liter-v6. Alkoholiker. Nein, damit ist nicht nur e85 gemeint, sondern e100. Alkohol ist überaus klopffest und verbrennt sauber – zu nichts als Wasserdampf. Als biogener Kraftstoff ist er theoretisch klimaneutral zu erzeugen. Allerdings ist es nicht ganz trivial, einen kalten Motor mit reinem Alkohol zu starten. Saab konnte das Problem schließlich lösen, indem man dem Ottomotor zusätzlich Glühkerzen verpaßte.
Türen gibt es nicht, wie bei einem Kampfflugzeug öffnet sich die gesamte Kanzel nach oben. Inwiefern ein Supersportwagen zu der eigentlich eher auf stilvolles understatement abonnierten Marke gepaßt hätte kann man durchaus diskutieren, als Fingerübung von Designern und Technikern vermag der Wagen jedoch zu überzeugen.

 

 

Wir reisen weiter – zurück in die Zukunft.
1985 stellte Saab-Scania den EV-1 vor (der nichts, aber auch gar nichts mit GMs genialem, aber glücklosen EV1 von 1996 zu tun hat). Auf dem großartigen Chassis des 900, das mit seiner Doppeldreieckslenkervorderachse auch Fronttrieblern präzises Handling und Fahrspaß ermöglicht, baut eine extrem aerodynamische Karossiere in Kompositbauweise auf. Die Blecharbeiten besorgte Leif Mellberg, aber große Teile des Fahrzeuges bestehen aus faserverstärkten Kunststoffen. Die Türen mit integriertem Seitenaufprallschutz aus Carbon; Front- und Heckpartien mit Kevlar und Aramid. Dem an sich schon großartigen B202 verhelfen mehr Ladedruck und eine aggressivere Zündung zu 285PS. (Das kann der Motor durchaus dauerhaltbar vertragen, wenn man weiß, was man tut. Solvente Interessenten wenden sich an HFT.) Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 270km/h.
Solarzellen im Fahrzeugdach versorgen die Lüfter der Klimaautomatik im Stillstand mit Strom, um den vier Passagieren den typischen Glutofen eines in der Sonne geparkten Autos zu ersparen. Die Straße wird von Projektionsscheinwerfern ausgeleuchtet; der Tacho hingegen bleibt möglichst dunkel: nur der aktuelle gefahrene Geschwindigkeitsbereich wird beleuchtet. Hier finden sich die Wurzeln des „night panel„, das leider erst in 900/II und 9-5 seinen Weg in die Serie finden sollte.

 

Von allen Saabs ist dieser das Auto, das die Frage „was wäre, wenn…“ am lautesten stellt.

Vielleicht war die Zukunft früher doch besser. Wie Wurstbrot. Nur aufregender.

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Das Leben ist zu kurz für langweilige Autos.
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