Wassereinbruch!

Das muß das Boot abkönnen“ – der Standardsatz, mit dem jeder volljährige männliche Deutsche ein beliebiges Ereignis oder eine beliebige Belastung kommentiert, der er eine Sache aussetzt, wenn diese entweder für diese Belastung nicht ausgelegt wurde, grotesk zweckentfremdet wird oder er einfach vor Angsthasen oder Leuten mit zutreffenderer Risikobewertung nur cool dastehen will. (Hier sein am Rande angemerkt: so ein Saab 900 kann eigentlich schon eine ganze Menge ab.)

Kein Boot ist wirklich wasserdicht. Ein Saab 900 ist kein Boot. Boote haben Lenzpumpen. Ein Saab 900 hat sowas nicht. Aber zum Glück gibt es Kaffeebecher.

Am Sonntagabend war ich auf dem Rückweg ins Hauptwrack. Aufgrund der absurd vielen und langen Baustellen hatte ich mich entschlossen, den besonders staugefährdeten Abschnitt der südlichen A9 zu umgehen und fuhr über Landshut und Regensburg. (Das verlängert die Strecke um gute 50km, aber alleine die Tempolimits auf den Baustellenabschnitte der A9 kosten soviel Fahrzeit, daß nur eine klitzkleine Stauandeutung die Umfahrung schneller machen würde.) Von diesen gut 635km Fahrstrecke erfolgten nur ungefähr 30 nicht bei Regen. Der Rest brachte Niederschläge in den unterschiedlichsten Intensitäten, vom leichten Nieseln über gewöhnlichen Landregen bis hin zur Sintflut. Nach ungefähr der Hälfte der Strecke vermeinte ich nach einem besonders heftigen Weltuntergang kurz einen leicht süßlich modernden Leichengeruch wahrzunehmen, dachte mir aber zunächst nichts weiter dabei. Gut 100km später sah ich dann aus dem Augenwinkel Wasser im Beifahrerfußraum. Der befahrerseitige Fondsfußraum war zu diesem Zeitpunkt schon zentimeterhoch geflutet. Kurz danach entstanden die obigen Bilder. Nach dem Leerschöpfen ging es weiter; auf den restlichen Kilometern bis Berlin schlug die Steuerbordseite wieder voll.
An Backbord hingegen blieb es über die gesamte Fahrt knochentrocken.
Was da allerdings im rechten Schweller geruchsstark modert mag ich gar nicht wissen…

Wo kommt das Wasser her? Dem Augenschein nach aus dem Schweller. (Ein Loch im Fußboden scheidet aus; da sind erst letzten Dezember für eine vierstellige Summe Bleche eingebraten worden.) Im günstigsten Fall wäre es nur ein zugesetzter Schiebedachablauf; das Wasser würde sich dann seinen Weg durch die Karosserie suchen und über A-und B-Säulen in den Schweller laufen und von dort dann in die Fußräume. (Die Schweller haben, unter dem Teppich versteckt, einige kleinere Bohrungen zur Fußraumseite hin.)
Denkbarer, aber bedeutend ungünstiger wäre auch, daß die Schwellerspitze morsch sei, beispielsweise dort, wo die Schmutzlappen angesetzt sind, und das Vorderrad dann Wasser in den Schweller schaufele.
Der Autor wird nach bewältigtem Tagwerk sich um den Erwerb einiger Meter Draht bemühen, um eventuelle Drainageprobleme des Schiebedaches zu beheben. Und er wird sich vermutlich genötigt sehen, mit zwischen den Stellungen „Sauna“ und „Plastik schmilzt“ aufgedrehter Heizung und gelösten Türeinstiegsleisten ein bis fünf Runden auf dem Berliner Ring zu drehen, um das Trocknen zu unterstützen und weitere Verwesungsprozesse zu unterbinden. Zwar hat der Verfasser, wie wohl jeder pubertäre Gymnasiast, seinen Benn gelesen; an Wasserleichen jedoch reizt ihn nur deren literarische Be- und Verarbeitung, nicht jedoch deren olfaktorischer Aspekt.

Lustige Tatsache am Rande: Saab hat tatsächlich einmal Boote gebaut, weil man nach dem zweiten Weltkrieg nicht wußte, was man sonst mit den für den Flugzeugbau gebunkerten Leichtmetallblechen anstellen sollte. Dicht blieben auch diese Boote nicht
Anders als Saab-Wasserfahrzeuge vermochten die Reifen übrigens zu überzeugen. Oft war ja bei der gestrigen Fahrt die juristische Definition von „Nässe“ übererfüllt. In wassergefüllten Lkw-Spurrinnen war der Reifen bei 120-130km/h partout nicht zum Aufschwimmen zu bewegen, gleichermaßen auch nicht, als im Vogtland der Himmel alle Schleusen öffnete und ich auf 20km an vier im Straßengraben liegenden oder an der Leitplanke zerdötschten Autos vorbeikam. Mit den Michelin ES hätte ich da die Geschwindigkeit deutlich reduzieren müssen; die Uniroyal fuhren durch das auf der Fahrbahn stehende Wasser bzw die über die Straße laufenden Sturzbäche einfach völlig unbeindruckt hindurch. Die Reifen hätten Geschwindigkeiten erlaubt, die ich mit Rücksicht auf die Sicht bzw deren Mangel nicht fahren wollte. Beeindruckend. (Dafür ist der Reifen auf dem Trockenen aber eher mies. Man kann eben nicht alles haben.)

Zurück zum Thema. Das Geistige kommt hier zu kurz. Deshalb zum Abschluß: Kylie Minogue und Nick Cave. Ohne Bennsche Wasserratten unterm Zwerchfell. (Musikalische Wasserratten im Haar dagegen fänden sich in Anlehnung an Georg Heym bei Subway to Sally.)

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Das Leben ist zu kurz für langweilige Autos.
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2 Antworten zu Wassereinbruch!

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