Fahranfänger, Fahrsicherheitstraining, Kilometer, Kleinkram – und wieder einmal (häretisches) Motoröl

Wie neulich schon angedeutet überschritt der Wagen im November die 610Mm-Marke. Traditionsgemäß wurde das Filter seziert und eine Ölprobe genommen. Letztere dümpelte längere Zeit im Büro herum, bis der Verfasser endlich die Zeit fand, sie dem Kurier zu übergeben. Noch rechtzeitig vor dem Fest traf dann das Analyseergebnis von Oel-Check ein. Darauf war ich besonders gespannt – schließlich war ich, jedenfalls dem Tenor des Internets nach, vollkommen wahnsinnig geworden und hatte das größtmögliche Sakrileg begangen: ich hatte ein modernes GTL-basiertes low-SAPS Motoröl in einen 32 Jahre alten Motor geschüttet. Und dann noch als viel zu dünnes 0w-30! Das konnte ja gar nicht gutgehen, das mußte unweigerlich zur Katastrophe führen.

Zum Glück hat das niemand meinem Auto erzählt.

Shell Helix Ultra 0w-30 AV-L nach 9494km.
Von links nach rechts: Shell 0w-30 AV-L, zweimal Shell Helix Ultra 0w-40, aral Super Tronic 0w-40

Was fällt auf: die VI-Verbesserer haben offensichtlich etwas gelitten, der Viskositätsindex hat von 204 (!) auf 194 abgebaut. Naja, ein VI von 204 ist eh aberwitzig und wäre vor wenigen Jahren noch für vollkommen unmöglich gehalten worden. Den Lagern hat das „dünne“ Öl erwartungsgemäß auch nicht geschadet – Kupfer und Blei sind unverändert und entsprechen dem gewohnten Bild. (Überraschend ist das nicht: die VI-Verbesserer der Mehrbereichsöle der frühen 80er Jahre waren nach heutigen Maßsstäben grottenschlecht, oft genug hatten 10w-40 HTHS-Werte von nur 3,1. Das Shell HU AV-L muß als ACEA C3 mindestes 3,5 haben.)
Allenfalls etwas mehr Eisen und die Spuren von Chrom und Nickel könnten auf Verschleiß am Ventiltrieb; Eisen und Aluminium auf Kolben und Zylinder hindeuten. Hier schlägt sich das AV-L aber auch nicht schlechter als das (für eine 40er-Heißviskosität sehr dünn geratene) Aral Super Tronic.
Ob der minimal erhöhte Verschleiß nun her Viskosität oder dem reduzierten ZDDP der beiden Low-SAPS Öle geschuldet ist läßt sich natürlich nicht beantworten. Oder ob es am veränderten Nutzungsprofil lag: diesmal gab es ein paar Kurzstrecken mehr – und eine Fahranfängerin ohne mechanische Sympathie.
Es ist ja noch nicht einmal klar, ob es diesen erhöhten Verschleiß überhaupt gibt. Schließlich gibt es bei jeder Messung Ungenauigkeiten. Und auch ohne den erwartbaren Meßfehler genau zu kennen braucht es kein vertieftes Statistikstudium, um zu erkennen, daß die Aussagekraft einer Stichprobe mit n=5 naturgemäß recht beschränkt ist. Die Vermutung, daß sowohl das Shell 0w-30 AV-L als auch das Aral Super Tronic 0w-40 im B202L einen minimal erhöhten Verschleiß zuließen ist daher auch eher ein Bauchgefühl denn eine valide Aussage.

 

Was lernen wir jetzt daraus?
1.) Wichtig ist, daß genug und nicht allzu altes Öl drin ist.
2.) Welches Öl genau drin ist scheint nur von nachrangiger Bedeutung zu sein.
3.) Um irgendeine belastbare Aussage zu treffen, welches nun besser ist, braucht es mehr Daten.
4.) Nein, mit modernem Öl macht man alte Motoren nicht zwangsläufig kaputt.

Abgesehen davon hatte das Auto sich in der Zwischenzeit den hinteren linken Bremssattel verrenkt und brauchte in der Folge neben manueller Therapie auch einen Satz neue Scheiben und Beläge (Bremsen macht man immer achsweise!). Was bei 614.000km halt eben so anfällt…
Der Sattel konnte wieder gängig gemacht werden und ist seitdem unauffällig, ich stelle mich aber darauf ein, daß ich irgendwann in den nächsten Monaten da noch einmal ran muß.
Nataschas erstes Fahrsicherheitstraining meisterten Auto und Fahranfängerin damit jedenfalls bravourös:

fahrsicherheitstraining_2017_12_17

Zwar handelte es sich nur um ein „kleines“ Halbtagestraining, das ausschließlich auf Fahranfänger zugeschnitten war, aber sie hat offensichtlich Blut geleckt. Weitere,  anspruchsvollere Trainings werden sicher folgen.

Frohe Weihnachten Euch allen und Friede auf Erden (und in den Ölthreads der Autoforen) wünscht
– der Verfasser.

Über turboseize

Das Leben ist zu kurz für langweilige Autos.
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